Hochzeit auf Türkisch – von gepfeffertem Kaffee und Kölnisch Wasser
Während unseres jüngsten Türkei-Urlaubs machten wir einen kleinen Abstecher in die historische Altstadt von Antalya. Abseits von Verkehr und Betonwüsten ist sie wirklich wunderschön mit einem tollen mediterranen Flairs. Dort begegneten uns innerhalb einer Stunde gleich drei verschiedene Brautpaare, die vor dieser Kulisse ihre Hochzeitsfotos schießen ließen.
Türkische Hochzeit – was ist das Besondere?
Da sich mein Türkisch auf „Hallo“ und „Danke“ beschränkt und die Paare weder Englisch noch Deutsch sprachen, signalisierten wir ihnen gestenreich „viel Glück“ und „alles Gute“. Aber unabhängig davon, welcher Kultur man angehört oder welche Sprache man spricht, freudestrahlende Brautpaare verbreiten bei mir immer gute Laune! Bei den Brautkleidern hatte ich den Eindruck, dass das Motto gilt: Mehr ist mehr. Die Kleider waren alle äußerst ausladend und pompös. Eines war sogar in einem zarten himmelblau gefärbt. Als absoluter Hochzeitsfan, der ich nun mal bin, war ich neugierig, wodurch sich türkische Hochzeiten auszeichnen. Als Interviewpartner musste unser deutschsprachiger Gästebetreuer Suleyman herhalten. Türkische Hochzeiten bestehen ihm zufolge aus sehr vielen Riten und Bräuchen. Diese alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen – außerdem weiß ich nicht, wie weit Suleyman ins Detail gegangen ist 😉 Um es noch ein bisschen komplizierter zu machen: Suleyman wurde nicht müde, mir zu erklären, dass sich das alles natürlich von Region zu Region auch nochmal unterscheidet… Deshalb hier nur einige der interessantesten Fakten, die man als deutscher „Ausländer“ vielleicht so auch noch nicht mitbekommen hat.
Der Segen des Brautvaters
Bei allen modernen Familien finden heutzutage Braut und Bräutigam von alleine zueinander. Die Anzahl von Ehen, die ausschließlich durch die Eltern arrangiert werden, hat sehr stark abgenommen. Dennoch ist es, ähnlich wie in Deutschland, auch noch eine gern gesehene Tradition, dass der Bräutigam beim Vater der Braut um deren Hand anhält. Hierzu wird dem Bräutigam ein spezieller Kaffee serviert, der mit Salz, Pfeffer und Zitrone „verfeinert“ wird. Nur wer dieses Gebräu komplett austrinkt, erweist sich als würdig, die Braut zu heiraten, da es symbolisch zeigen soll, dass man für seine zukünftige Frau alles auf sich nehmen würde.
Die Verlobungsfeier
Dieses Fest wird von der Familie der Braut organisiert. Sie trägt bei der Feier ein Abendkleid. Für die Verlobungsfeier wird, genau wie für die eigentliche Hochzeit selbst, ein Saal gemietet. Nach verschiedenen Ritualen (Ringe, Geschenke etc.) erfolgt der Höhepunkt: die Verlobungstorte mit dem Bild des Hochzeitspaares. Zunächst füttern sich die Verlobten gegenseitig, danach sind die Mütter und Väter von Braut und Bräutigam an der Reihe. Bis in die frühen Morgenstunden wird gemeinsam mit allen Gästen getanzt & gefeiert.
Der Henna-Abend
Bei einer türkischen Hochzeit ist es meist Sitte, dass die Eltern des Bräutigams die Kosten für die Hochzeit und die Eltern der Braut die Kosten für den Henna-Abend (einen Tag vorher) übernehmen. Am Vorabend der Hochzeit werden die Handflächen und die Finger der Braut mit Henna bemalt. Hierzu treffen sich alle weiblichen Verwandten und Freundinnen der Braut. Auch der Henna-Abend wird in einem Saal gefeiert. Nachdem das Fest bereits begonnen hat, kommt zunächst das Brautpaar gemeinsam in den Saal und tanzt zu einem romantischen Lied im Kerzenschein. Danach muss der Bräutigam die Feier verlassen, da das Fest nur unter Frauen gefeiert wird. Der Bräutigam selbst bleibt aber nicht untätig und nutzt die Zeit für einen schönen Tag mit seinen Freunden. Die Hände der Braut werden mit Henna verziert. Henna ist ein grünliches Pulver, das zusammen mit Wasser eine feste Masse verwandelt. Der Sage nach ist Henna ein Paradiesgewächs und soll Glück bringen. Besonders ausgelassen sollte die Braut bei dieser Zeremonie allerdings nicht sein, weil das so gedeutet werden könnte, dass sie froh ist, ihr Elternhaus endlich verlassen zu können. Es werden meist traurige Volkslieder gesungen, die eine eher betrübte Atmosphäre schaffen sollen. Der Henna-Abend hat also wenig bis nichts mit dem deutschen Jungesellinnenabschied zu tun.
Die Hochzeit
Nachdem am nächsten Tag der Bräutigam die Braut in ihrem Elternhaus abgeholt hat, beginnt die Feier im Hochzeitssaal. Die Anzahl die Gäste kann zwischen 300 und sogar mehreren Tausend Personen variieren. Sie ist also sehr, sehr viel größer als die normalen deutschen Hochzeiten. Bevor das Brautpaar spät nachmittags in der Hochzeitslocation eintrifft, werden die Hochzeitsfotos geschossen. Die Eltern des Brautpaares begrüßen die ankommenden Gäste mit Kölnisch Wasser (Kolonya) und Bonbons – hier muss ich mich ein bisschen auf Suleyman verlassen? Häufig werden auf türkischen Hochzeiten zum Essen Brathähnchen oder Schnitzel (natürlich vom Kalb) mit Reis und Salat serviert. Was die Geschenkübergabe (Taki) betrifft: In der Regel werden Schmuck oder Geld geschenkt. Zunächst übergeben die Eltern des Brautpaares ihre Geschenke. Danach sind die Hochzeitsgäste an der Reihe. Entweder sie legen ihre Geschenke in einem geschmückten Korb oder sie stecken dem Paar ihre Aufmerksamkeiten direkt zu. Meist wird die jeweilige Übergabe mit Hilfe eines Mikrophones offiziell angekündigt, so dass alle Gäste erfahren, was im Einzelnen geschenkt worden ist. Ich kann mir vorstellen, dass das einen gewissen Gruppendruck erzeugt... An dieser Stelle noch mal ein dickes teşekkür (Dankeschön) an Suleyman und die tollen Einblicke in die türkische Hochzeitskultur. Auch wenn sich deutsche und türkische Bräuche teils stark voneinander unterschieden, die Liebe steht hier wie dort über allem.